Jan Kaumanns, CEO der Kienzle Beteiligungs GmbH
Wenn in der Welt der Nutzfahrzeug-Telematik über Effizienz, Daten und digitale Transformation gesprochen wird, fällt ein Name mit zunehmender Beständigkeit: Kienzle. Der traditionsreiche Anbieter aus Mülheim an der Ruhr, bislang vor allem bekannt für Tachographen und Telematiklösungen, hat mit einem einzigen, aber weitreichenden Schritt seinen Anspruch als herstellerneutraler Lösungsanbieter Nummer eins auf dem europäischen Markt zementiert: Die Übernahme der TACHOfresh GmbH aus Wildau bei Berlin.
Was nüchtern als Unternehmensakquise in der Pressemitteilung angekündigt wird, entpuppt sich bei genauerem Hinsehen als ein strategisches Manöver mit Weitblick – ein Schachzug, der das Spielfeld neu ordnet.
Software is King – und Kienzle will auf den Thron
„Unser Ziel ist es, vom Hardware- und Softwarehändler zum Lösungsanbieter Nummer eins für Telematikflottenkunden in Europa zu werden.“
Jan Kaumanns, CEO der Kienzle Beteiligungs GmbH
In einer Branche, die sich zunehmend von physischen Komponenten hin zu datenbasierten Diensten verlagert, ist diese Aussage mehr als ein Lippenbekenntnis – sie ist eine strategische Kampfansage.
Mit TACHOfresh nimmt Kienzle nicht irgendeinen Softwareanbieter ins Boot, sondern einen europaweit anerkannten Spezialisten für Restlenkzeiten, Datenarchivierung und Remote-Download. Ein Unternehmen, das über Jahrzehnte hinweg in enger Zusammenarbeit mit der Technischen Hochschule Wildau zum Kompetenzzentrum avancierte – und dessen Lösungen bereits heute von einem beachtlichen Netzwerk an Telematikanbietern genutzt werden.
Aus Daten werden Dienste
Über 10.000 Flotten, 130.000 Fahrzeuge – mit einem Schlag erweitert Kienzle seinen Kundenstamm signifikant. Doch es ist nicht nur die Zahl der neuen Kunden, die beeindruckt. Es ist die Qualität der Verbindung. Denn TACHOfresh bringt nicht nur Technologie, sondern auch langjährige Partnerschaften und tiefes Branchenwissen mit in den Konzern.
„Mit Kienzle haben wir einen Partner gefunden, der die richtige Mischung aus Marktzugang, Erfahrung und Unternehmenskultur mitbringt.“
Dr. Susanne Kirsch, CEO TACHOfresh
Dabei betont sie die weiterhin bestehende Eigenständigkeit und den Fokus auf den Ausbau von Kooperationen – insbesondere in einem Marktumfeld, das zunehmend von Standardisierung und Plattformlösungen geprägt ist.
Die Kunst der Integration
Schon im Juni dieses Jahres hatte Kienzle mit der Übernahme von Ubinam, einem Spezialisten für Fahrzeugortung, die Weichen für den Ausbau der eigenen Softwarekompetenz gestellt. Nun folgt mit TACHOfresh der nächste logische Schritt: Ein modular aufgebautes SaaS-Angebot, das nicht nur ergänzt, sondern skaliert, integriert – und differenziert.
Kienzle verfolgt eine klare Philosophie: Alles aus einer Hand, aber nichts von der Stange. Vom Rollout über das Customizing bis hin zu Support und Schulungen – die Full-Service-Strategie ist kein leeres Versprechen, sondern gelebte Realität. Damit positioniert sich das Unternehmen klar gegen Anbieter, die lediglich technische Produkte liefern, aber keinen strategischen Mehrwert bieten.
Fazit: Eine stille Revolution im Rückspiegel
Was auf den ersten Blick wie eine klassische Akquise aussieht, ist in Wahrheit ein struktureller Wandel mit Tiefenwirkung. Kienzle wird vom Händler zum Plattformanbieter, vom Systemhaus zum Orchestrator ganzer Flottenprozesse. Der Kauf von TACHOfresh ist dabei kein bloßes Wachstum um jeden Preis – es ist der Ausbau von Souveränität im digitalen Raum der Logistik.
Man könnte sagen: Kienzle hat sich nicht nur ein Unternehmen gekauft – sondern eine Perspektive.