Es ist ein Trailer, wie man ihn kaum je gesehen hat: glänzende Solarpaneele auf dem Dach, eine elektrisch betriebene Kühlmaschine im Innern, eine Batterie unter dem Aufbau und eine E-Achse an der Hinterachse – alles miteinander vernetzt, alles digital steuerbar. Was auf den ersten Blick wie ein Zukunftsszenario wirkt, rollt seit Monaten quer durch Deutschland. Der „e-Reefer“ ist kein Prototyp mehr. Er ist Realität – und ein Signal an die Transportbranche, dass Kühlung auch anders geht: sauber, effizient, wirtschaftlich.
Hinter dem Projekt stehen keine Unbekannten. Mitsubishi Heavy Industries Thermal Transport Europe GmbH (MTTE) und SolarEdge e-Mobility haben in einem Pilotversuch für die TIP Group eine CO₂-freie Kühltransportlösung entwickelt. Der erste Kunde, Zippel Logistik, setzt den Trailer bereits seit Januar 2025 im Regelbetrieb ein – unter realen Bedingungen, Tag für Tag, Woche für Woche.
Drei Energiequellen, ein Ziel
Kernstück des Systems ist die Kühlmaschine TFV von Mitsubishi, gespeist von gleich drei Energiequellen: einer 60-kWh-Batterie, einem Solarmodul mit 3 kWp Leistung auf dem Dach und einer E-Achse mit einem 20-kW-PMSM-Motor. Beim Bremsen rekuperiert die Achse Strom, in der Sonne liefert das Dach Strom. Nur in Ausnahmefällen – etwa bei langanhaltender Dunkelheit oder Ausfällen – springt das Dieselaggregat ein. Im Schnitt stammen rund 80 Prozent der benötigten Energie aus den erneuerbaren Quellen. Netzstrom braucht es selten. Im Praxisbetrieb reicht es, die Batterie alle zwei bis drei Wochen zu laden.
Das ist mehr als ein technischer Fortschritt – das ist ein Paradigmenwechsel. Kühltransporte, bislang berüchtigt für ihren Dieselverbrauch und CO₂-Ausstoß, könnten mit diesem Modell in naher Zukunft emissionsfrei werden.
Kühlung mit System
Die Hybrid-Kühlmaschine TFV ist auf Effizienz getrimmt. Ein integriertes Inverter-System passt die Drehzahl des Kompressors dynamisch an, Lüfter laufen unabhängig voneinander und liefern konstant hohe Luftleistung – unabhängig vom Betriebszustand. Mit bis zu 14.600 Watt Kälteleistung eignet sich das System besonders für den Frischdienstbereich (2 bis 6 °C) – genau dort, wo Zippel seine Fahrzeuge einsetzt. Doch auch Tiefkühlanwendungen (bis -28 °C) stemmt die Anlage problemlos.
Ein cleveres Detail: Unterschreitet die Batterie einen Ladezustand von 30 Prozent (im Sommer 40 Prozent), schaltet sich die E-Achse automatisch in den Dynamo-Modus. Die Steuerung erfolgt über ein Telematiksystem von SolarEdge, das sich per Fernzugriff aktualisieren und anpassen lässt.
Praxistest bestanden
Der Trailer ist nicht geschont worden. Täglich legt er 500 Kilometer zurück, 12 bis 14 Stunden im Einsatz, 5 bis 7 Tage pro Woche. Im Frischdienstbetrieb im Norden, am Wochenende im Tiefkühlmodus Richtung Süden. Die Bilanz: Auch unter Volllast reichte es bislang, die Batterie alle paar Wochen zu laden. Laut Pavel Gilman von SolarEdge wird das System laufend überwacht und angepasst. Ziel: maximale Effizienz, minimale Netzlast.
Auch wirtschaftlich rechnet sich das System. Die „Total Cost of Ownership“ (TCO) sei je nach Einsatzprofil bereits nach drei bis vier Jahren erreicht, so Christian Meyer von MTTE. Für Logistiker ein wichtiges Argument. Denn jenseits aller Umweltaspekte bleibt eine Frage zentral: Lohnt es sich?
Kooperation statt Insellösung
Der Erfolg des Projekts liegt auch in der engen Zusammenarbeit der Partner. Mitsubishi lieferte die Technik, SolarEdge die Energieintelligenz, TIP Group das Anwendungsumfeld.
„Unser Kunde Zippel konnte den Trailer optimal einsetzen und ist sehr zufrieden. Die Zusammenarbeit hat gezeigt, was möglich ist, wenn alle an einem Strang ziehen.“
Marcus Burmeister, TIP Group
Der nächste Schritt ist bereits in Planung: weitere Testtrailer, neue Auslegungen, noch mehr Daten. Denn der Markt ist in Bewegung – und der e-Reefer hat bewiesen, dass er mehr ist als ein Versuch. Er ist ein Versprechen an die Zukunft.