Mercedes-Benz Special Trucks hat kürzlich einen Prototypen des Unimog-Geräteträgers mit einem Wasserstoff-Verbrennungsmotor in realen Betriebssituationen getestet. Dieser Unimog dient als Versuchsfahrzeug, um die Anwendungsmöglichkeiten der Wasserstoffverbrennung als sinnvolle Ergänzung zu batterieelektrischen und brennstoffzellenbasierten Antrieben zu erforschen. Auf einem stillgelegten Autobahnabschnitt zwischen Bayreuth und Bamberg sammelten die Ingenieure während des Mähens des Grünstreifens, Beschleunigungstests und dem Tanken an einer öffentlichen Zapfsäule wichtige Messdaten, die für die Weiterentwicklung des Fahrzeugs von Bedeutung sind. Die Tests wurden von Mitarbeitern der Autobahn GmbH begleitet. Diese praktischen Erprobungen bei unterschiedlichen Temperaturen und vielfältigem Gelände markieren einen bedeutenden Meilenstein im laufenden Entwicklungsprojekt "WaVe", an dem 18 Partner gemeinsam am Konzept des Wasserstoff-Verbrennungsmotors arbeiten.
Franziska Cusumano, Leiterin von Mercedes-Benz Special Trucks und Custom Tailored Trucks, äußerte sich dazu: „Wir sind sehr zufrieden mit dem aktuellen Entwicklungsstand des Versuchsfahrzeugs. Nach gut zwei Jahren Projektlaufzeit sind wir bereits mit einem ersten einsatzfähigen Unimog Prototypen mit Wasserstoff-Verbrennungsmotor in der Praxiserprobung. Die Tests mit Mitarbeitern der Autobahn GmbH in Oberfranken sind für uns besonders wertvoll, weil wir hier wichtiges Feedback aus der Praxis direkt in unsere Entwicklung einfließen lassen können.“
Prototyp mit umgerüstetem Motor
Das Prototypenfahrzeug, ausgestattet mit einem umgerüsteten Motor, basiert auf dem Unimog Geräteträger U 430 von Mercedes-Benz. Für den alternativen Antrieb mittels Wasserstofftechnologie wurde ein speziell umgerüsteter Gasmotor eingebaut, der über Tank-, Sicherheits- und Überwachungssysteme sowie Messtechnik verfügt. Durch die Wasserstoffverbrennung im Motor entsteht als Abfallprodukt Wasser, das als heißer Wasserdampf über den Auspuff ausgestoßen wird. Die Anordnung des Radstands und die Länge der Pritsche ermöglichen die Montage der Wasserstofftankbehälter hinter der Fahrerkabine. Diese bestehen aus vier TÜV-geprüften 700-Bar-Hochdrucktanks, die insgesamt etwa 14 Kilogramm gasförmigen Wasserstoff fassen. Die Tanks sind in zwei Doppeltanks zusammengefasst, die unabhängig voneinander über jeweils ein Tanksteuergerät betrieben werden können. In einer weiteren Entwicklungsstufe ist geplant, das Tankvolumen zu erhöhen, um einen regulären Arbeitstag abdecken zu können. Der Motor leistet etwa 290 PS / 1000 Nm und ist im Betrieb wahrnehmbar leiser als das Pendant mit Dieselmotor. Zusätzlich wurde der Prototyp mit einem Frontmähgerät ausgestattet, bestehend aus zwei Mähköpfen, um weitere Erkenntnisse während des Arbeitsbetriebs zu sammeln.
Das Projekt ,,WaVe"
Das Projekt "WaVe" vereint Politik, Wissenschaft und Wirtschaft für die Entwicklung eines Versuchsfahrzeugs mit Wasserstoff-Verbrennungsmotor. Gefördert vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz wird dieses Vorhaben gemeinschaftlich von 18 Partnern aus Industrie und Wissenschaft umgesetzt. Ziel des Projekts, das im Juli 2021 begann, ist es, zu untersuchen, ob der herkömmliche Dieselmotor als Multienergieverteiler für den Fahrantrieb und alle Nebenabtriebe durch einen wasserstoffbetriebenen Verbrennungsmotor ersetzt werden kann.
Obwohl Daimler Truck primär auf batterieelektrische Antriebe und wasserstoffbetriebene Brennstoffzellen fokussiert ist, könnte die Wasserstoffverbrennung eine zusätzliche Option für die Dekarbonisierung des Antriebstrangportfolios darstellen. Erste Ergebnisse des WaVe-Projekts deuten darauf hin, dass der Wasserstoff-Verbrennungsmotor in bestimmten Anwendungen eine sinnvolle und ergänzende Lösung darstellen könnte.
Besonders für den Unimog könnte diese Variante aufgrund des begrenzten Bauraums und der benötigten hohen Leistung im Arbeitseinsatz als zukunftsfähige Antriebsform dienen. Nach einem erfolgreichen ersten Praxistest hat das Entwicklungsteam noch sechs Monate, um weitere Anpassungen und Verbesserungen vorzunehmen. Dr. Günter Pitz, Leiter der Powertrain-Entwicklung bei Mercedes-Benz Special Trucks, hält eine Fortführung des Projekts für sinnvoll: „Das Antriebskonzept der Wasserstoffverbrennung kann als Blaupause für leistungsintensive Anwendungen im Sonderfahrzeugbereich dienen. Auf Baustellen, im kommunalen oder im landwirtschaftlichen Bereich könnte damit sehr schadstoffarm gefahren und gearbeitet werden. Um bei solchen Fahrzeugen die Serienreife zu erreichen, braucht es auch weiterhin finanzielle Planbarkeit durch gezielte Förderung.“