Daimler Truck bemüht sich um die Dekarbonisierung des Transportsektors und tritt nun in die nächste Entwicklungsphase ein. Nach erfolgreichen Tests auf der Strecke und im realen Straßenverkehr erreichen die Brennstoffzellenfahrzeuge eine fortgeschrittene Entwicklungsstufe, die nun für erste Testläufe mit Kunden bereit sind. Daimler Truck setzt in diesem nächsten Schritt eine Flotte von Mercedes-Benz GenH2 Trucks für kundennahe Tests auf. Ab voraussichtlich Mitte 2024 erhalten Unternehmen wie Amazon, Air Products, Holcim, INEOS und Wiedmann & Winz die Gelegenheit, Erfahrungen im CO2-freien Langstreckentransport mit Brennstoffzellen-Fahrzeugen zu sammeln.
Diese fünf Sattelzug-Lkw werden in Deutschland auf spezifischen Routen im Fernverkehr eingesetzt, beispielsweise für den Transport von Baustoffen, Seecontainern und Flaschengasen. Während dieser Testläufe bleiben die GenH2 Trucks unter direkter Betreuung von Mercedes-Benz Trucks. Die Fahrzeuge werden an speziellen öffentlichen Flüssigwasserstofftankstellen (sLH2) in Wörth am Rhein und im Raum Duisburg betankt. Damit startet Daimler Truck zusammen mit seinen Partnern ein wegweisendes Projekt, das zeigt, dass der CO2-freie Transport mit wasserstoffbetriebenen Lkw bereits heute möglich ist. Für eine nachhaltige Umstellung auf Wasserstoffantriebe im Güterverkehr ist es jedoch entscheidend, in den kommenden Jahren eine flächendeckende globale Tankinfrastruktur und ausreichende grüne Flüssigwasserstoff-Versorgung zu gewährleisten.
Neue Flüssigwasserstoff-Technologie im Test
Daimler Truck setzt bei der Entwicklung von wasserstoffbasierten Antrieben vorrangig auf flüssigen Wasserstoff. Im Vergleich zu gasförmigem Wasserstoff weist dieser Zustand nicht nur eine höhere Energiedichte auf, sondern ermöglicht auch eine deutliche Reduzierung der Transportaufwände. Dies ermöglicht einen größeren Transport von Wasserstoff, was die Reichweite der Fahrzeuge erhöht und eine vergleichbare Leistungsfähigkeit wie bei konventionellen Diesel-Lkw gewährleistet. Zudem bieten Flüssigwasserstofftanks im Vergleich zu Druckwasserstofftanks Vorteile in Bezug auf Kosten und Gewicht - dies ermöglicht eine höhere Nutzlast.
Die kundennahe Erprobungsflotte wird erstmals die sogenannte "sLH2-Technologie" (sLH2 = "subcooled" Liquid Hydrogen) nutzen, ein neues Betankungsverfahren für flüssigen Wasserstoff. Gemeinsam mit Linde entwickelt, basiert es auf einem frei verfügbaren ISO-Standard für alle interessierten Unternehmen. Dieser innovative Ansatz ermöglicht im Vergleich zu herkömmlichem LH2 unter anderem eine höhere Speicherdichte und eine einfachere Betankung in nur 10-15 Minuten.
Zu Beginn des Jahres 2024 ist die erste Betankung eines Brennstoffzellen-Lkw an einer Pilotstation in Wörth am Rhein geplant. Daimler Truck und seine Partner legen bei der Entwicklung der sLH2-Technologie großen Wert auf Transparenz und Offenheit bezüglich der relevanten Schnittstellen. Das Ziel ist es, durch die Beteiligung zahlreicher Unternehmen und Verbände an der Entwicklung eines neuen Flüssigwasserstoff-Standards einen globalen Massenmarkt für diese innovative Methode zu etablieren.
Leistung, die zufriedenstellt
Das GenH2 Truck Erprobungsfahrzeug von Mercedes-Benz verfügt über vergleichbare Leistungsdaten wie konventionelle Fernverkehrs-Lkw. Die Entwickler von Daimler Truck haben die Zugkraft, Reichweite und Leistungsfähigkeit des herkömmlichen Mercedes-Benz Actros Fernverkehrs-Lkw als Grundlage für den GenH2 Truck genommen. Die Mercedes-Benz GenH2 Truck Fahrzeuge können 40 Tonnen Gesamtgewicht befördern, wobei die Zuladung etwa 25 Tonnen beträgt. Die hohe Zuladung und große Reichweite werden durch zwei spezielle Flüssigwasserstofftanks sowie ein leistungsstarkes Brennstoffzellensystem von cellcentric ermöglicht, die das Herzstück des GenH2 Truck bilden.
Die beiden Flüssigwasserstoff-Edelstahltanks mit einem Fassungsvermögen von jeweils 44 Kilogramm sind ideal für lange Strecken geeignet. Das Tanksystem aus Edelstahl besteht aus zwei ineinander liegenden, miteinander verbundenen und vakuumisolierten Röhren. Das Brennstoffzellensystem des GenH2 Truck liefert 300 kW (2 x 150 kW) und eine eingebaute Batterie kann zeitweise zusätzlich bis zu 400 kW bereitstellen. Die Batterie mit einer Kapazität von 70 kWh ist im Vergleich gering, da sie hauptsächlich zur Unterstützung der Brennstoffzelle bei Spitzenbelastungen wie Beschleunigung oder voll beladenen Bergauffahrten eingesetzt wird. Gleichzeitig ermöglicht die leichte Batterie eine höhere Zuladung und wird durch Bremsenergie und überschüssige Brennstoffzellenenergie aufgeladen. Ein Schlüsselelement der raffinierten Betriebsstrategie von Brennstoffzellen- und Batteriesystem ist ein Kühl- und Heizsystem, das alle Komponenten auf optimaler Betriebstemperatur hält, um die Lebensdauer zu maximieren. Die beiden Elektromotoren sind in einer Vorserienversion für insgesamt 2 x 230 kW Dauerleistung und 2 x 330 kW Maximalleistung ausgelegt.
Erst im September des vergangenen Jahres konnte Daimler Truck erfolgreich demonstrieren, dass die Wasserstoff-Brennstoffzellentechnologie eine geeignete Lösung für die Dekarbonisierung des flexiblen und anspruchsvollen Langstrecken-Straßentransports sein kann. Ein für den öffentlichen Straßenverkehr zugelassener Prototyp des Mercedes-Benz GenH2 Truck legte im Rahmen des Daimler Truck #HydrogenRecordRun eine Strecke von 1.047 km mit einer Tankfüllung flüssigen Wasserstoffs zurück. Die Serienreife des Mercedes-Benz GenH2 Truck wird für die zweite Hälfte des Jahrzehnts angestrebt.
