Der neue MAN TGX wird nicht nur einmal mehr der meistverkaufte Lkw in Österreich sein, er ist ab sofort auch der offiziell sparsamste Lkw auf unserer Teststrecke! Unser 1TRUCKTEST ist bekanntlich der längste und härteste Lkw-Test Österreichs. Mit zahlreichen Anstiegen auf der Wiener Außenringautobahn, hinauf auf den Semmering bis hin zur Alpenüberquerung auf der A9, der Pyhrnautobahn, aber auch durch den, für manchen Lkw so schwierigen, extrem langen Teillastbetrieb auf der Westautobahn auf dem Weg zurück nach Steinhäusl verlangt diese Strecke den 40 Tonnen Sattelzügen alles ab. Gerade deshalb ist jeder neue Verbrauchsrekord auf dieser Runde ein besonderes Highlight.
Das Rekordfahrzeug
Über die Neuerungen beim Design haben wir im Zuge der Neuvorstellung in Bilbao schon ausführlich in 1TRUCK01.20 berichtet. Bereits unsere ersten Fotos wurden auf unserer FacebookSeite von mehr als 1 Million Menschen gesehen und von mehr als 30.000 unserer Fans kommentiert. Trotzdem hier noch ein kurzes Statement: Wie von MAN in der aktuellen budgetären und konzernpolitischen Lage zu erwarten war, steht der neue TGX evolutionär frisch auf der Straße. Er ist kein Raumschiff, aber mit seinen klaren Kanten und vor allem der neuen Scheinwerfer-Partie und den darunterliegenden Nebelleuchten, die von feschen „Flügeln“ unterstrichen werden, gibt er sich höchst modern. Der Zurückhaltung zum Trotz wurde das Fahrerhaus komplett neu entwickelt. Der Hintergrund liegt vor allem in neuen Crash Standards, die erfüllt werden mussten. Entsprechend wurde die komplette Struktur neu entwickelt. Gleich beim Einstieg fallen die vier Knöpfe in der Türe auf. In fünf Kombinationen können sie belegt werden und decken damit die wesentlichsten Funktionen wie Arbeitsscheinwerfer oder Warnblinkanlage ab. Auch der Nebenabtrieb kann gesteuert werden, ohne nochmals ins Cockpit klettern zu müssen. Selten hat ein scheinbar so kleines Detail so viel Komfort und Produktivität in den Alltag eines Fahrers gebracht!
Einfach angekommen
Weit öffnende Türen, ein treppenartiger Aufstieg und das neue Raumgefühl zeichnen die neue MAN TGX Generation aus. Dabei hatten wir „nur“ das GM-Fahrerhaus mit mittelhohem Dach im Test. Mit einer Breite von 2,44 m und 1,86 m Stehhöhe erfüllt es allerdings jeden Fernverkehrsanspruch. Der rund 10 cm hohe Motortunnel wirkt dabei eher als Raumteiler, denn als Hindernis. Also nehmen wir Platz im neuen TGX. Das neue Lenkrad liegt fein in der Hand, die Bedienelemente gliedern sich links in die diversen Tempomatfunktionen und mit dem rechten Daumen surft man durch das Menü. Ganz neu ist die Bedienung des großen Infotainment Systems über einen der Schalttafel vorgelagerten Dreh-Drück-Stellrad. Eigentlich besteht es aus zwei Drehrädern, die unterschiedliche Menüebenen bedienen. Sehr einfach. Sehr intuitiv. Und vor allem auch bei aufregenderen Fahrbahnverhältnissen präzise bedienbar. Verwunderlich hingegen bei einem praktisch neu konzipierten Fahrerhaus, ist, dass die Sitzposition im Vergleich zum Lenkrad leicht hin zur Fahrzeugmitte versetzt ist. Dem Fahrkomfort tut dies allerdings keinen Abbruch. Der linke Arm liegt bequem auf der Armauflage, während die Hand mit minimalen Bewegungen den TGX dirigiert. Die rechte Hand ist somit frei für die restliche Arbeit. Das Fahrverhalten selbst hat sich kaum verändert, da der komplette Antriebsstrang ja ohnedies bereits in den vergangenen Jahren erneuert wurde. Neu sind jedenfalls auch die Ablagen, mittig jetzt mit Jalousie, um die Bewegungsfreiheit möglichst wenig einzuschränken. Ebenso neu sind die unterschiedlichen Kühlschrankkonfigurationen unter dem Bett. Wenn wir schon beim Bett sind – die Fernbedienung ist ebenfalls neu, die jetzt noch mehr Funktionen aus dem Ruheraum heraus steuern lässt. Das untere Bett ist aufstellbar und wird somit zur bequemen Lese- und TV-Liege. Ebenfalls neue Leseleuchten sorgen für angenehme Atmosphäre.
Die Rekordfahrt
Vor allem aufgrund seiner Popularität in Österreich ist der MAN TGX ein stets willkommener Gast auf unserer Teststrecke. Auf den ersten Blick lässt man sich durch seine evolutionär-konservative Optik täuschen. Das Verbrauchsergebnis auf der Strecke schreit dafür umso lauter: Hier ist der neue Verbrauchsrekordhalter! Mit lediglich 23,16 Litern Diesel unterbietet er ausgerechnet einen Konzernbruder um satte 0,4 Liter Diesel im Schnitt und verweist ihn auf den zweiten Platz. Der vollverkleidete Aero-Sattelauflieger trägt laut MAN Ingenieuren rund 0,5 Liter zum Verbrauchsergebnis bei. An dieser Stelle wieder einmal ein Aufruf an die Politik: Es ist an der Zeit die alteingesessene Gesetzgebung im Bezug auf die Fahrzeuglänge endlich zugunsten aerodynamischer Maßnahmen zu überarbeiten und vor allem umzusetzen. Dann ist es mit Sicherheit nur noch eine Frage von wenigen Monaten bis die 20 Liter Schallmauer bei 40 Tonnen Sattelzügen auch auf unserer Strecke fällt.
Die Besonderheiten
Ganz große Sprünge darf man sich also nicht erwarten. Die Summe der Einzelheiten ergibt im Endeffekt diesen ausgezeichneten Verbrauch. Das neue Fahrerhaus des MAN TGX wurde jedenfalls einer aerodynamischen Spezialkur unterzogen. Nicht ganz neu, aber auf der Suche nach den letzten zehntel Litern setzt MAN im Rahmen der EfficientCruise Getriebefunktionen auf das sogenannte dynamische Segeln. Bei der gesetzten Testgeschwindigkeit von 85 km/h beschleunigt man auf 88, kuppelt aus und lässt den Lkw rollen bis maximal 82 km/h. Anschließend wird wieder beschleunigt, sehr sanft, fast unmerklich. Aber eben nur fast. Die Technik sagt, dass so die tendenziell verbrauchsgünstigeren Bereiche des Motors bei höherer Last genutzt werden. Auch wenn es fast nicht zu glauben ist, so sehr ist das Endergebnis Bestätigung.
Noch etwas fällt auf. Sobald man die 85 km/h erreicht hat, fällt die Ganganzeige auf, die bis zur 14 wandert. Hier ist nämlich das Scania Getriebe verbaut, nennt sich aber dennoch MAN Tipmatic 14.27 DD. Für gewichtssensible Einsätze kann der neue TGX ab sofort auf Wunsch auch mit dem Traxxon Getriebe von ZF ausgestattet werden. Im Vergleich zum Scania Getriebe sind es zwei Gänge weniger, dafür bringt es aber auch rund 60 kg weniger auf die Waage.
Einen kleinen Wermutstropfen gibt es dennoch beim neuen TGX. Durch die neue Abstimmung von SCR und Soft AGR ist der AdBlue Verbrauch im Vergleich zur vorigen Generation auf 1,91 Liter gestiegen. 2018 hatten wir einem TGX 18.500 Efficient Line 3 bei einem Verbrauch von 24,85 Litern Diesel noch 1,16 Liter AdBlue pro 100 Kilometer nachgeschenkt.
Komfort auf voller Strecke
Der neue TGX ist jedenfalls ein echtes Fahrer-Auto. Der Komfort an Bord ist jetzt auf höchstem Niveau. Stauraum ohne Ende, die Multimedia Integration versüßt die Langstrecke und das Geräuschniveau ist in allen Lastzuständen ausgezeichnet. Ein erstes kurzes Probeliegen auf dem neuen Bett verspricht jedenfalls erholsame Nächte. Im Langstreckeneinsatz ein Highlight ist die Ballenauflage und die damit einhergehende simple Bedienung für den Dreh-Drücksteller zur Steuerung des Infotainment-Systems.
Die neue MAN TGX Generation wird durch die drei entscheidenden Säulen Wirtschaftlichkeit, Komfort und Servicenetzwerk ganz sicher wieder zum Bestseller in Österreich. Und vielleicht schon bald zum Truck of the Year 2021 gekürt.
Etappe | km | Verbrauch | km/h | Temperatur | Wetter | Wind | Verkehr |
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Etappe 1:Raststation Steinhäusl (A1)- Knoten Vösendorf (A21) | 40 | 30,99 | 77,71 | 19 °C | |||
Etappe 2:Knoten Vösendorf– Knoten Seebenstein (S6) | 52 | 24,20 | 84,06 | 19 °C | |||
Etappe 3:Knoten Seebenstein– Knoten St. Michael (A9) | 104 | 27,72 | 80,72 | 17 °C | |||
Etappe 4:Knoten St. Michael– Knoten Voralpenkreuz (A1) | 132 | 19,72 | 83,21 | 22° C | |||
Etappe 5:Knoten Voralpenkreuz– Raststation Steinhäusl (A1) | 164 | 20,04 | 84,50 | 24° C | |||
Gesamt: | 492 | 23,16 | 82,70 | ||||
Bergwertung:Knoten Steinhäusl– Abfahrt Semmering | 24 | 57,95 | 74,81 | 16° C |
Bauart | 4x2 Sattelzugmaschine |
Radstand | 3.600 mm |
Fahrerhaus | GM, mittelhohes Dach, luftgefedert |
Getriebe | MAN TipMatic 14 27 DD, 14 Gänge vorwärts, 2 rückwärts, Übersetzung 16,41 – 1,00 |
Achsübersetzung | i = 2,31 |
Dauerbremse | MAN EVBec, stufenlos regelbare Kipphebelbremse mit 325 kW bei 2.400 U/min, inklusive Retarder 500 kW |
Betriebsbremse | MAN BrakeMatic, elektronisches Bremssystem, Bremsomatregelung und Vorschaltung der Motorbremse/Retarder vor die Betriebsbremse, Scheibenbremsen rundum inkl. ABS und ASR |
Achsübersetzung | i=2,31 |
Reifen | 315/70 R22,5, Michelin X-Line Energy |
Assistenzsysteme | MAN EfficientCruise 3, MAN EfficientRoll, Dynamisches Segeln, ACC Stop+Go, LGS, TPM, CDC, EBA 2 |
Eigengewicht | 7.672 kg mit gefüllten Tanks |