Auch nach der Pandemie wird für die europäische und österreichische Wirtschaft Wachstum erwartet. Bis zum Jahr 2040 werden Österreichs Straßen in Folge dessen mit erwarteten plus 49 % Transportvolumen mehr Güterverkehr tragen als Schiene, Binnenschifffahrt und Flugverkehr. Von Seiten der Logistikwirtschaft blickt man besorgt auf diese Entwicklung und sucht gemeinsam mit der Wissenschaft nach ökologischen Lösungen. Um das von der EU vorgegebene Ziel der Klimaneutralität bis zum Jahr 2050 zu erreichen, führt kein Weg daran vorbei den Straßengüterverkehr moderner, effizienter und umweltverträglicher zu machen. Untermauert wird diese Erkenntnis von einer Studie des Zentrums für Transportwirtschaft und Logistik. Laut dieser bieten sofort verfügbare klimafreundlichere Technologien, wie LNG-betriebene Fahrzeuge, bessere Aerodynamik sowie flexiblere Längenmaße und Gewichte die höchsten Potenziale. Ebenfalls, wenn auch nur mittelfristig sollen auch Batterieelektrik und Wasserstoff große Einsparungspotenziale ermöglichen. Alles in allem werde eine Wende nur mit intelligenten Systemlösungen, einem Mix von Antriebsformen, Förderungen und Investitionen sowie einem Überdenken der gesetzlichen Rahmenbedingungen gelingen.
Von Seiten des Zentralverbandes Spedition & Logistik wird aus diesem Grund dringend ein Gütermobilitätsplan verlangt, der nicht nur Jahreszahlen und CO2-Ziele festlegt, sondern konkrete, wissenschaftlich fundierte Schritte zur Zielerreichung. Wichtig dabei: Vorlaufzeiten für die Implementierung neuer Technologien und Investitionssicherheit für Betriebe.
Univ. Prof. Dr. Sebastian Kummer (Wirtschaftsuniversität Wien) Foto: Zentralverband Spedition & Logistik/APA-Fotoservice/Schedl
Alexander Friesz, Präsident des Zentralverbandes Spedition & Logistik: „Die Kernkompetenz der Logistikbranche ist, Abläufe so zu gestalten, dass Waren so effizient wie möglich transportiert werden können. Dieses Wissen können und wollen wir auch nützen, um die Umwelteffekte des Straßenverkehrs zu minimieren. Wir brauchen jetzt eine gut geplante Klima-Kehrtwende im Güterverkehr. Ohne den Beitrag der Politik wird das aber nicht gehen.“ Das sei auch Aufgabe des Mobilitätsmasterplans des Verkehrsministeriums, der noch dieses Jahr erarbeitet werden und die Rahmenbedingungen für die Mobilität der nächsten Dekaden in Österreich festlegen soll. Laut Friesz müsse die Regierung, speziell die dafür verantwortliche Verkehrsministerin Leonore Gewessler, die reale Bedeutung des Güterverkehrsträgers Straße für eine ökologische Zukunft erkennen: „Die Zahlen beweisen, dass die Straße schlicht und einfach den stärksten Klimaschutz-Hebel im Güterverkehr bietet. Mit einem Mix unterschiedlicher Antriebsformen, besserer Aerodynamik, dem Ausbau der Intermodalität und der Reduktion von Umwegverkehren könnten wir ab sofort sehr viel erreichen. Die Logistikwirtschaft kann hier enorm viel bewirken, benötigt für die Einführung neuer Technologien aber Investitionssicherheit und nachhaltige Rahmenbedingungen.“
Laut Friesz müssten zur Erreichung der Klimaziele auch die gesetzlichen Rahmenbedingungen auf einen CO2-neutralen Straßengütertransport ausgerichtet werden. Hier seien Anreize wie Mautbefreiung klimafreundlicher Fahrzeuge bis steuerliche Erleichterungen und Förderungen bis hin zur Anpassung von Fahrverboten sinnvoll. In Hinblick auf die technischen Belangen sieht Friesz die Erhöhung der Fahrzeugkapazität durch Zulassung längerer Fahrzeuge und zusätzliche Fahrzeugeinheiten als sinnvoll. So könnten beispielsweise mit der gleichen Zugmaschine mehr Autos transportiert werden, aerodynamische Aufbauten den Energieverbrauch stark verringern oder auch Lang-LKW aus drei LKW zwei machen und so ebenfalls viel Energie und damit Emissionen einsparen. In Summe seien allein damit Emissionsverringerungen im zweistelligen Prozentbereich möglich.
Im städtischen Verkehr, sowie auf kürzeren Strecken wird auch der Einsatz batterieelektrischer Fahrzeuge als wichtiger Schritt gesehen. Die bereits verfügbare Technologie kann bis 2030 ein Einsparungspotenzial von rund einer Million Tonnen CO2-Äquivalent nützen und im Jahr 2050 über 3,3 Millionen Tonnen. Natürlich gibt es hier aber auch eine Menge Defizite: von zu langen Batterieladezeiten über die Umweltbelastung bei der Erzeugung und den oft noch klimaschädlichen Strommix bis hin zur schwankenden Netzstabilität und Verfügbarkeit von Solar- und Windenergie. Um diese Einsparungsmöglichkeiten zu nützen, müssen unter anderem Kaufanreize wie Steuervergünstigungen gesetzt oder spezielle Park-, Halte- und Ladezonen eingeführt werden. Außerdem brauche es einen eigenen Strategieplan für Batterieelektrik-Fahrzeuge, um sowohl die Forschung & Entwicklung als auch den Infrastrukturausbau mit Ladestationen, Stromnetz und grüner Stromerzeugung massiv voranzutreiben. Zentralverband Spedition & Logistik Vizepräsident Peter Umundum: „Die Paketdienstleister beweisen, wie rasant sich eine Branche auf neue Herausforderungen einstellen und diese meistern kann, wenn Technologie und Rahmenbedingungen stimmen. Dabei zeigen wir als Branche heute schon, was mit dem Ausbau der E-Flotte in puncto CO2-Einsparung alles möglich ist.“
Für den Schwer- und Langstreckenverkehr ist die Elektromobilität, so ist man sich einig, allerdings keine geeignete Lösung. Große Möglichkeiten ergeben sich durch Wasserstoffantriebe, hier werden jedoch für die technologische Entwicklung und die wirtschaftliche Herstellung von Grünem Wasserstoff noch einige Jahre benötigt. Um auch in diesem Segment CO2-reduzierende Effekte bis 2030/2040 zu erzielen, müssen vorhandene Technologien wie LNG, bessere Aerodynamik, Leichtbau, flexiblere Längenmaße und Gewichte, als auch andere Übergangstechnologien wie synthetische Kraftstoffe zugelassen und aktiv gefördert werden.
Bis 2050 könnte Wasserstoff zum wichtigsten Energieträger auf der Langstrecke werden. Bei großflächiger F&E-Förderung in den Bereichen Wasserstofferzeugung, Brennstoffzellen und Fahrzeuge wäre 2050 ein Einsparungspotenzial von 3,3 Millionen Tonnen CO2-Äquivalent möglich. Zur Erreichung dieses Ziels sollten Pilotprojekte für den Schwerverkehr gestartet und ein Strategieplan für die Bereitstellung von Tankstellen-Infrastruktur sowie die Distribution und Erzeugung von Grünem Wasserstoff entwickelt werden. Auch die Förderung der Anschaffung und des Betriebs wasserstoffbetriebener Fahrzeuge, eine völlige Mautbefreiung und die Befreiung von Fahrverboten wären wichtige Bestandteile einer solchen Strategie.
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