Die von der Regierung prognostizierte CO2-Einsparung durch die NoVA entspricht nur 59 Kilometer Fahrleistung pro Firmenfahrzeug und Jahr.
Das hat der Fuhrparkverband Austria errechnet. Die Alternativmaßnahmen, die der FVA vorschlägt, wären effektiver und würden motivieren statt belasten.
140.000 Tonnen CO2 soll die neue NoVA laut Regierung bis 2030 einsparen. Henning Heise, Obmann Fuhrparkverband Austria (FVA): „Das klingt nach einem großen Wurf, ist es aber nicht, wie unsere Rechnung zeigt.“
1.061.191 Firmenfahrzeuge (719.957 Pkw und 341.234 leichte Nutzfahrzeuge) waren laut Statistik Austria Ende 2020 zugelassen. Heise: „Die Laufleistung von Firmenfahrzeugen liegt im Schnitt bei 35.000 Kilometern pro Jahr.“ Das heißt: Diese Fahrzeuge legen in Österreich zusammen jährlich 37.141.685.000 Kilometer zurück. Oder anders gesagt: Zusammen fahren sie die Strecke von der Erde zum Mond – das sind 384.400 Kilometer – 96.622-mal.
Laut Umweltbundesamt stoßen Pkw 249,2 bzw. leichte Nutzfahrzeuge 296,5 Gramm CO2 pro Kilometer aus. Heise: „Multipliziert man die niedrigeren 249 Gramm der Pkw mit der Jahreslaufleistung aller gewerblich genutzten Fahrzeuge, ergibt das einen CO2-Ausstoß von 9.248.280 Tonnen pro Jahr. Wir sehen schon, die neue NoVA ist nicht der große Wurf.“
CO2-Einsparung ist teuer erkauft
Dividiert man nun die prognostizierten 140.000 Tonnen durch die 249 Gramm und verteilt sie auf die Zeit bis 2030, dann entspricht das 62.472.111 Kilometern pro Jahr. „Jedes Firmenfahrzeug müsste jährlich also nur 59 Kilometer weniger fahren, um die gleiche CO2-Einsparung zu erreichen, wie die Regierung der NoVA zuschreibt.“ Das zeigt zwei Dinge auf: „Erstens: Die NoVA ist zur Senkung der CO2-Emissionen ungeeignet“, so Heise. Und zweitens: „Die geringfügige Reduktion der CO2-Emissionen wird auf dem Rücken Tausender Unternehmer teuer erkauft.“
Betriebliche Mobilität verändert sich
Der Obmann stellt klar: „Eine Dekarbonisierung ist absolut notwendig. Dafür tritt der FVA seit seiner Gründung ein, indem er Fuhrparkmanager beim Wandel zum Mobilitätsmanager unterstützt.“ Zahlreiche Veranstaltungen, darunter eine zweitägige E-Mobility-Konferenz für Fuhrparkleiter, sowie Dutzende Seminare zu Ladeinfrastruktur oder Best-Practice-Beispielen zeugen davon. Heise: „Die B2B-Mobilität verändert sich. Viele Firmen gehen den Weg in Richtung CO2-Neutralität. Deshalb sind wir der Meinung, dass der stärkste Hebel bei der CO2-Reduzierung im Verkehrsbereich nicht in höheren Steuern liegt, sondern die Maßnahmen praxisnaher und mit motivierendem Charakter zu gestalten sind.“
Der FVA fordert Schulungen, Boni und NoVA-Aufschub
Der Fuhrparkverband fordert deshalb eine Aufschiebung der NoVA-Einführung für leichte Nutzfahrzeuge um mindestens ein Jahr. „Im Pkw-Bereich ist ein Umstieg möglich, bei den Elektro-Nutzfahrzeugen ist es noch sehr schwierig. Allradantrieb gibt es nicht, Pritsche nur eine und viele Modelle haben nicht die nötige Reichweite. Kurz: Der Markt bietet nicht das, was die Firmen brauchen. Wenn die Politik nun den Umstieg erzwingt, riskiert sie über schlechte Erfahrungen den langfristigen Erfolg der E-Mobilität“, so Marcella Kral, Obmann-Stv. des FVA.
Sie ergänzt: „Es macht einen großen Unterschied, ob wir von einem Zusteller reden, der im urbanen Raum tätig ist, einem obersteirischen Bauunternehmen, das viele Projekte in Wien abwickelt, oder einem Lieferanten, der primär zwischen Wien und Salzburg pendelt. Direkt auf ein Elektromodell umsteigen könnte aktuell nur der Zusteller – und das auch nur, wenn er über eine eigene Ladestation verfügt.“
Heise: „Das 1-2-3-Ticket ist der perfekte Ansatz“
Parallel zum Aufschub der NoVA fordert der FVA eine Förderung von Ausbildungen und Schulungen zu den Themen Mobility & Travel Management. Heise: „Je mehr Dienstreisen und beruflich veranlasste Wege per Rail & Drive absolviert werden, desto stärker sinken die Fahrzeuglaufleistungen. Das von Bundesministerin Gewessler initiierte 1-2-3-Ticket ist ein perfekter Ansatz. Den Unternehmen muss aber stärker vermittelt werden, dass sie so Spritverbrauch, Kosten und CO2-Emissionen senken und gleichzeitig die Effizienz und Sicherheit der Mitarbeiter erhöhen können.“ Auch Dienstfahrräder und Lastenräder haben ihre Vorteile, auch wenn sie nicht für alle Branchen und Betriebe den Verzicht auf ein leichtes Nutzfahrzeug ermöglichen. Heise: „Die Dekarbonisierung erfordert von den Unternehmen Kreativität und Flexibilität. Jeder Geschäftsführer sollte sich ernsthaft mit möglichen Alternativen beschäftigen und sie im Alltag vor einem kategorischen Ausschluss testen. Das gilt für Rail & Drive, die E-Mobilität sowie Job- und Lastenräder gleichermaßen.“
CO2-Einsparungsbonus für Unternehmen und Mitarbeiter
Heise: „Die betriebliche Mobilität birgt ein großes CO2-Einsparungspotenzial. Wir empfehlen deshalb die Einführung von Mitarbeiter-Motivationsprogrammen – und die sollten von der Politik gefördert werden.“ Beispielsweise wäre für den FVA ein CO2-Einsparungsbonus denkbar, der über einen klar dokumentierten Vorher-/Nachher-Vergleich in einem definierten Zeitraum den CO2-Fußabdruck der Firma und des einzelnen Mitarbeiters ausweist. Heise: „Das würde einerseits die Emissionen transparent machen und andererseits ein Spielfeld für Motivationsmaßnahmen öffnen. Wenn Unternehmen oder Mitarbeiter einen definierten Anteil einsparen, werden sie steuerlich belohnt. Wer sich weigert oder steigert, muss bezahlen.“
Diese Berechnungen sind komplex, weshalb die Politik den Unternehmen positive Perspektiven bieten muss. „Die Umstellung ist anfangs mit etwas Mehraufwand verbunden: Man muss sich Know-how aneignen, die Mitarbeiter sensibilisieren und motivieren – und man muss investieren. Hier bräuchte es finanzielle Unterstützung für Emissionsanalysen, zur Ausbildung und Schulung sowie für die Implementierung von Software-Tools, die auf Knopfdruck die ökologisch beste Reisevariante oder -route berechnen und die CO2-Einsparung automatisch protokollieren.“
Dekarbonisierung ist ein Gemeinschaftsprojekt
Für den FVA steht fest: „Die Emissionszahlen und der Klimawandel verlangen nach raschem und deutlichem Handeln. Zwar durchlaufen gerade Fahrzeuge aller Klassen in unterschiedlichem Tempo die Elektrifizierung – und vollziehen damit eine Transformation in Richtung CO2-Neutralität. Doch Fakt ist: Wir werden auch in Zukunft Fahrzeuge brauchen. Deshalb sollten wir jetzt die Chance nutzen und die betriebliche Mobilität klimafit gestalten. Und das sollte als gemeinsames Projekt von Politik, Wirtschaft und Gesellschaft vermittelt und umgesetzt werden“, so Heise.
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