Gemäß dem neuen EU-Mobilitätspakt wird das Übernachten von LKW-Fahrern in der Fahrzeugkabine zumindest am Wochenende nicht mehr möglich sein. Die Regelung soll einerseits den Schutz der Fahrer erhöhen, aber natürlich auch die Verkehrssicherheit. Für die Speditionen werfen die geplanten Regelungen Probleme auf. Denn neben fehlenden Hotelkapazitäten für die Hundertausenden Trucker und den damit verbundenen Kosten steht auch das Thema Sicherheit im Fokus: Beschädigungen, Diebstähle und Vandalismus sind schon heute an der Tagesordnung. Die Hegelmann Gruppe, ein großer internationaler Player mit mehr als 4000 LKW, sucht nun nach Lösungen.
„Wir sind im engen Austausch mit strategischen Partnern", verdeutlicht Siegfried Hegelmann, Geschäftsführer der Hegelmann Gruppe, die Dringlichkeit des Themas. Zu diesen strategischen Partnern gehören Niels de Zwaan, Geschäftsführer der Truck Parking Europe, Dirk Penasse, Geschäftsführer von Esporg, und Tim Baumeister, Projektleiter bei KRAVAG Truck Parking. Gemeinsam erörtern sie Möglichkeiten und Lösungen, die vorbildhaft für die gesamte Branche sein sollen. „Wir möchten hier Pionier sein und allen Aspekten Rechnung tragen", versichern die vier Logistikexperten.
Allein die Hegelmann Group kommt auf tausende internationale Langstreckentransporte, die täglich in ganz Europa unterwegs sind. Täglich in ganz Europa unterwegs zu sein bedeutet aber auch, dass die LKW-Fahrer oft am Wochenende nicht zu Hause sein können. Und das wiederum bedeutet, dass sie ihre Wochenendruhezeit auf einem Rastplatz verbringen. Noch, denn das soll sich durch die EU-Vorgaben ändern. Die Bußgelder bei Verstößen sind entsprechend hoch. Allerdings: Das ist leichter gesagt als getan. Es ist schon jetzt eine große Herausforderung für jeden einzelnen Fahrer, einen geeigneten und vor allem sicheren Parkplatz zu finden, an dem er beruhigt schlafen kann, ohne Angst haben zu müssen, dass am nächsten Morgen seine Ladung aus dem Auflieger entwendet oder sein Fahrzeug beschädigt worden ist. Besonders im Ausland mangelt es an offiziellen Sicherheitsparkplätzen mit Eigenschaften wie Videoüberwachung, Beleuchtung, Zaunanlage, Schranken und Erfassung von Kennzeichen bei der Ein- und Ausfahrt.
Die europäische Gesetzgebung ist wieder einmal grundsätzlich gut gemeint, doch in der Praxis kaum umsetzbar. „Stand heute ist das realitätsfremd", macht Siegfried Hegelmann klar. Das Problem für die Spediteure beschreibt er so: „Entweder der Fahrer parkt auf einem Parkplatz, der nicht als offizieller Sicherheitsparkplatz eingestuft ist, um die Übernachtung in einer nahegelegenen Unterkunft zu verbringen, mit der Gefahr, den LKW unbewacht zurückzulassen, oder er parkt auf einem offiziellen Sicherheitsparkplatz und muss dann irgendwie zu einer kilometerweit entfernten Unterkunft kommen." Das passe nicht zusammen. Schon jetzt reichten an vielen Orten die Hotelkapazitäten genauso wenig aus wie die Parkplätze auf der Route. Jeder könne sich von der prekären Lage an Raststätten und Autobahnen überzeugen. Schon ohne die entsprechend notwendigen Sicherheitsvorkehrungen und EU-Beschlüsse sei die Situation angespannt.
Hegelmann allerdings reicht es nicht, die Zustände zu beklagen. Er sucht nach Lösungen – mit geeigneten Partnern. Und er ist bereit, im Sinne seiner Fahrer zu investieren. Man führe erste Gespräche und sei auf einem sehr guten Weg, lässt er wissen. Man werde einen Weg finden, alle Interessen zu wahren und alle Auflagen zu erfüllen.
Als Partner für eine Lösung sieht Hegelmann die Plattform Truck Parking Europe. Sie ist derzeit die größte, auf der LKW-Fahrer sichere Parkplätze finden und buchen können. Auch Esporg könnte hier eine Schlüsselrolle übernehmen. Die Organisation setzt sich für die Interessen rund um die Themen sicheres Parken von LKW und gute Übernachtungsmöglichkeiten ein. Außerdem zertifiziert Esporg neu gebaute Parkplätze und deklariert sie als „offiziellen Sicherheitsparkplatz". Dritter Partner im Bunde ist das Projekt KRAVAG Truck Parking. Die Idee des Projektes: sichere LKW-Parkplätze auf privaten Firmengrundstücken anbieten, die dann für alle KRAVAG-Kunden nutzbar sind. Private Unternehmen hätten so die Möglichkeit, ungenutzte Flächen und Investitionen in ihre eigene Sicherheit teilweise zu refinanzieren. „Natürlich unterscheiden sich die Bedarfe der Logistiker ganz massiv, abhängig von Flottengröße und gefahrenen Strecken. Wir möchten mit unserem Projekt hier jeweils passende Lösungen für alle Beteiligten bieten", ergänzt Tim Baumeister, der das Projekt maßgeblich betreut und vorantreibt.
Die Hegelmann Gruppe strebt mit diesen drei Projektpartnern nachhaltige Lösungen an. „Wir möchten das Problem konstruktiv lösen – für uns und die gesamte Branche. Alle größeren Spediteure im Langstreckenverkehr stehen vor dieser dringenden Herausforderung", weiß Hegelmann. Gemeinsam möchte er Abhilfe schaffen, fordert die gesamte Branche zu Dialog und Mitgestaltung auf. „Unsere Gespräche sind kein closed shop. Wir suchen den Austausch und die besten Ideen – auch mit der Politik, die hier gefragt ist." Wer Vorgaben mache, müsse auch die notwendige Infrastruktur schaffen, fordern die Dialogpartner rund um das sichere Parken. Gerne leiste man einen Beitrag zur Information und zur Lösungsfindung. Jeder in der Branche sei auch bereit, zu investieren. Aber Lösungen könnten eben nur im Konzert mit den politischen Entscheidungsträgern umgesetzt werden. „Wir rufen hier zum Dialog auf!"